Anissa Wiener und Lorenzo Puglisi gründen 2015 die Sattlerei und Polsterei königherz. Der eigene Erfolg überrascht auch die beiden Gründer: Nach zwei Jahren beschäftigen sie 14 Mitarbeiter, größere Räume sind in Planung.

Text: Karin Mauro, Fotos: Karin Mauro, Anissa Wiener

königherz RZ Raum & Ausstattung

Die Liebe zum Beruf bekam Lorenzo Puglisi von seinem Vater Filippo Puglisi mit auf den Weg. Der war bis zu seiner Rente als Polsterer tätig und unterstützte den Sohn bei der Gründung

Um seinen Erfolg zu erklären, wählt Lorenzo Puglisi ein Bild aus der Automobilwelt: „Wenn man den Motor pflegt, läuft er besser. Wir investieren in den Motor.“ Puglisi, Fahrzeugsattler-Meister, führt gemeinsam mit seiner Partnerin Anissa Wiener die Polsterei und Sattlerei königherz in Steinheim an der Murr.

Das erst 2015 gegründete Unternehmen beschäftigt sieben Angestellte und genauso viele geringfügig Beschäftigte – und wächst weiter. „Wir hätten nie gedacht, dass wir so schnell durch die Decke gehen und in so kurzer Zeit so viele Mitarbeiter haben“, sagt Puglisi. Neben der Leidenschaft für den Beruf und einem modernen Corporate Design liegt die Stärke des Handwerk-Startups mit dem vielsagenden Namen königherz vor allem in der Mitarbeiterführung: „Wir setzen auf die persönlichen Stärken. Für jeden Mitarbeiter wurden die Top-5-Eigenschaften ermittelt, damit sie diese optimal einsetzen zu können. Außerdem investieren wir viel ins Gesundheitsmanagement, kochen zusammen und machen Frühsport“, erläutert Anissa Wiener, die Management und Vertrieb studiert hat. Dieses Engagement in die Mitarbeiterführung erfordert erst einmal Zeit, zahlt sich aber vielfach aus: Das Unternehmen hat einen durchschnittlichen Krankenstand von 1,2 Tagen im Jahr. Wegen ihres vorbildlichen Personalmanagements werden Wiener und Puglisi sogar oft als Sprecher bei Podiumsdiskussionen eingeladen – unter anderem von IHK und Handwerkskammer.

königherz Team

Das Team von königherz: Anissa Wiener, Olga Tomm, Yasemin Özyildirim, Lorenzo Puglisi, Erik Schäfter, Feti Smirqaku, Marco Benz

Dass eine neu gegründete Sattlerei und Polsterei Lohn und Brot für insgesamt 14 Mitarbeiter liefert, überraschte sogar die jungen Geschäftsführer: „Ich wollte mich schon immer mit einer Sattlerei selbstständig machen, dachte aber, dass der Arbeitsaufwand nicht honoriert wird“, erzählt Puglisi. Deswegen startete das junge Paar 2011 im Nebengewerbe mit dem Verkauf von Polstermöbeln. „Außerdem betrieben wir eine Polster-Reparaturwerkstatt in einem kleinen Raum. Hier kam ein Auftrag nach dem anderen, und ziemlich schnell machten wir viel mehr Umsatz mit der Polsterei. Darauf haben wir reagiert und den Handel eingestellt.“

Neu bepolsteter Sitz

Zweites Standbein ist die Polsterei für Privat- und Objektkunden

MIT HERZBLUT BEI DER ARBEIT
Passend zum beruflichen Background von Puglisi, der 15 Jahre als Geselle bei Porsche tätig war und vor zwei Jahren seinen Meister machte, ist die Fahrzeugsattlerei ein wichtiges Standbein: „Wir restaurieren viel und haben beispielsweise rare Stoffe von Porsche-Oldtimern auf Lager“, sagt er. Doch auch die Polsterei ist ein wachsendes Geschäftsfeld für königherz. „Wir arbeiten häufig mit Architekten zusammen und haben zum Beispiel Suiten in Florida und in der Schweiz ausgestattet oder eine ganze Wand mit Alcantara in einer Bar gestaltet. Das sind immer ganz große Projekte“, so Puglisi. Aktuell warten in der Werkstatt 45 Stühle für einen gehobenen Gastronomiebetrieb, die Backnanger Stuben, darauf, mit einem grünen Stoff bezogen zu werden. Wiener war von der Stadt Backnang gebeten worden, ein Gestaltungskonzept einzureichen und erhielt den Zuschlag für den Auftrag. Neben Polsterei und Sattlerei ist ein drittes Geschäftsfeld die Entwicklung von Prototypen für die Industrie, wie Schutzhauben für Markiermaschinen in der Automobilproduktion.

FEIN GESTEPPTE NÄHE AUF EINEM NEU BEZOGENEN SESSEL

königherz sattelt Autositze, Motorradsitze und Lenkräder nach Kundenwunsch

Das alles gelingt ohne klassische Werbung – Zeitungsanzeigen sind den beiden Neugründern schlicht zu teuer. Die Außenwirkung gelingt dennoch – über Empfehlungen, soziale Medien und eine starke Marke. „Es war gar nicht so einfach, einen Namen zu finden, der zu uns passt und den es noch nicht gibt“, sagt Wiener. Als der Name und das Logo – eine Krone mit einem Leder-Symbol in der Mitte – dann gefunden war, wurde die Marke eingetragen. Der serifenlose Schriftzug findet sich auf allen Arbeiten wieder: Aufträge werden grundsätzlich gelabelt. Auch die Give-aways, die Kunden als Dankeschön erhalten, tragen das Corporate Design nach außen: Tassen mit königherz-Schriftzug, Bleistifte mit strassbestückten Krönchen und lederne Schlüsselanhänger mit Prägung. Die Kunden honorieren die Liebe zum Detail – königherz kann auf Facebook ausschließlich 5-Sterne-Bewertungen verbuchen. „Eine Manufaktur für hochwertige Arbeit in Sachen Polsterei kombiniert mit der Kreativität und dem Willen, sich stets zu verbessern und groß zu denken“, schreibt ein Kunde auf der Facebook-Seite.

 

Dieser Artikel ist erschienen in der RZ Raum & Ausstattung Ausgabe 08/2017